1.Landesliga, Finalrunde: Hörsching - St.Valentin 2:4

Die Ausgangslage vor der letzten Landesliga-Runde ist klar: Hörsching führt mit 2 Punkten Vorsprung die Tabelle an. Der ASK St. Valentin braucht also im direkten Duell zumindest einen 4:2-Erfolg. Aber das ist nur eines der vielen Duelle an diesem Wochenende.

Das Team rund um Reinhard und all seine zahlreichen Helfer*innen hat ganze Arbeit geleistet und für großartige Spielbedingungen in der neuen Veranstaltungslocation Valentinum gesorgt. Immer spannend: Hat man bei so einem Mega-Event an alles gedacht? Ja, man hat. Ein Riesending für und mit 550 Schachbegeisterten, jung und alt, vom blutigen Anfänger bis zum Großmeister, dem Who is Who der oberösterreichischen Schachszene und weit darüber hinaus. Und es gestaltet sich zu einer denkwürdigen und wohl auf ewig in den Valentiner Schach-Geschichtsbüchern zu findenden Valentiner Erfolgsstory…

Doch eines nach dem anderen. Bürgermeisterin Mag. Kerstin Suchan-Mayr und Sportstadtrat Mag. Andreas Hofreither sind sichtlich froh über Ambiente, Dimension, Stimmung der Veranstaltung und geben den Startschuss. Dann geht’s auch schon los.

 

Die einzelnen Paarungen - auf den geraden Brettnummern haben wir Weiß - versprechen einen heißen Tanz.

Brett 1: Sebastian Bauer - Jakob Postlmayer

Brett 2: Harry Casagrande - Florian Mostbauer

Brett 3: Hannes Windhager - Florian Sandhöfner

Brett 4: Lukas Breneis - Hermann Knoll

Brett 5: Dino Hajdarevic - Alois Hellmayr

Brett 6: Reinhard Heimberger - Fridolin Buchegger

Meine Blicke sind ab diesem Zeitpunkt fast nur noch auf unser Landesliga-Match gerichtet. Und was sehe ich? Die Gegner in dunkelgrünen T-Shirts gedresst und mit überaus angespannten Gesichtern. Da ist nichts mit Lockerheit oder so, heute geht’s um etwas, das ist von Anfang an spürbar. Nur einer sticht da aus seinem Team heraus: Hermann verbraucht kaum Zeit, zieht Zug um Zug mit traumwandlerischer Sicherheit und setzt unseren Luki damit von Anfang an unter Druck.

Ganz anders unsere sechs Spieler. Das Motto lautet: Was geht, geht. Wir probieren alles – wir haben nichts zu verteidigen! Obwohl wir im Hintertreffen sind, haben wir als Jäger die bessere Ausgangssituation, paradox.

Auf den ersten drei Brettern verbrauchen die Hörschinger deutlich mehr Bedenkzeit. Auch eine Folge der größeren Anspannung.

Der Zwischenstand nach knapp 2 Stunden: alles offen. Brett 1 wirkt sehr remislich, Brett 2 sieht gut für uns aus, da kann Casi lange auf 1:0 spielen, auf Brett 3 wirkt die weiße Stellung besser, aber Hannes‘ Gesichtsausdruck lässt vermuten, dass er gar nicht so zuversichtlich ist und Flos Gegenchancen sehr hoch einschätzt. Brett 4 ist schwer zu beurteilen, Luki hat zwar mehr Raum und das aktivere Spiel, lässt sich allerdings eine Bauernschwäche nach der anderen anhängen. Auf 5 eine typische Isolani-Stellung, in der Lois doch ziemlich unter Druck steht. Auf Brett 6 hoffe ich auf Vorteil für Reini, kann jedoch keinen erkennen.

Die dritte Stunde des Wettkampfes, die Ereignisse nehmen Fahrt auf. Sebastian und Jakob tauschen auf der einzigen offenen Linie alle Schwerfiguren, der Abtauschfranzose in seiner langweiligsten Version, gähn, aber wohl eher gut für uns, weil Remis mit Schwarz erreicht. In der Analyse interessant, den beiden zuzuhören. „Da habe ich geglaubt, du spielst sicher das …, und deshalb habe ich … nicht gespielt.“ „Ja, wenn ich das gewusst hätte, dass du das nicht spielst, dann hätte ich sicher … gespielt.“ So geht es ein paar Mal hin und her – auch ein schöner Beweis dafür, mit wie viel Vorsicht und Respekt sich die beiden begegnet sind.

Auf 2 glauben wir Zuseher, dass Mosti einen überraschenden Zug zum Ausgleich übersehen hat. Hat er nicht, der hätte ihm auch nur weitere Troubles eingebracht. 3 und 4 spitzen sich zu, auch 5, da verteidigt sich Lois recht umsichtig, 6 ist nach wie vor perspektivenlos. Kann da jemand noch auf Gewinn spielen?

Dann eskaliert Brett 4 so richtig. Joachim und ich hoffen, dass Luki seine letzte Chance für praktische Schwindelchancen nutzt, die Qualität opfert und zumindest Hermanns Königsstellung aufreißt. Macht er nicht und muss daher nach wenigen weiteren Zügen zerknirscht seinem überlegenen Gegner zum Sieg gratulieren.

Oje, ob das noch was werden kann?! Hörsching braucht jetzt nur noch 1 Punkt aus den restlichen 4 Partien. Und das kann auf fast jedem Brett passieren. Andererseits kann auch noch jede Partie zu unseren Gunsten kippen – und tatsächlich sieht es bald danach aus. Flo macht kräftig Druck auf beiden Außenbahnen, Hannes muss sich schon sehr geschickt verteidigen, um nicht – trotz der besseren Bauernstruktur und Leichtfigur – dem Druck der schwarzen Schwerfiguren zu erliegen. Reini holt vielleicht doch noch etwas heraus, zumindest gibt es erstmals eine Ahnung, wie er seine Partie zum Erfolg führen könnte.

Ja, da liegt definitiv was in der Luft. Das könnte sich noch für uns ausgehen. Wenn alles so läuft, wie es aus unserer Sicht laufen soll… Ich muss immer wieder raus aus dem Saal, jetzt, mit den steigenden Chancen, packt auch mich plötzlich die Aufregung.

Dann geht’s Schlag auf Schlag. Es gibt die ersten Valentiner Siege zu feiern. Zuerst Harry, dann Reini. Harry hat mit einer feinen Leistung seinen Vorteil immer weiter ausgebaut und den letztlich chancenlosen Mosti besiegt. Dieser spielt an diesem Tag deutlich unter seiner Normalform – vermutlich auch deshalb, weil er für eine IM-Norm nur ein Remis gebraucht hätte! Und Reini spielt all seine Routine und Coolness aus und nimmt seinem deutlich weniger erfahrenen Gegner das Endspiel ab.

Es geht in die Overtime. Noch 2 Partien, und wir brauchen mindestens 1 ½ Punkte. Bei beiden Brettern haben wir einen kleinen bis erheblichen Routinevorteil. Und beide schauen mittlerweile ganz gut für uns aus, auch weil es Lois gelungen ist, aus einer zwischenzeitlichen Verluststellung nur mit Minus-Qualität und gefährlichen Gegendrohungen durch einen frechen Freibauer herauszukommen.

Wenn es aber doch zu wenig ist? Joachim meint zu diesem Zeitpunkt (nicht ganz ernst gemeint), er hätte wohl doch auf das Damenopfer gegen Schwabeneder (Grieskirchen) verzichten sollen. Ja, so findet wohl fast jeder etwas, wo er noch den einen oder anderen zusätzlichen halben Punkt beisteuern hätte können, ganz sicher auch die Hörschinger, eh klar. Man merkt, wie nervenaufreibend das Zusehen werden kann. Jetzt liegt es nur noch an Flo und Lois, Hättiwari hilft natürlich gar nix.

Dann gibt Flo plötzlich seine Partie Remis. Hat er da mit jemandem Rücksprache gehalten? Wohl nicht. Klar, dass er den Sieg nicht erzwingen kann – auch, weil sich Hannes wie gesagt bestmöglich verteidigt hat. Ich glaube ja, für Flo war das sonnenklar, dass Lois das gewinnen wird. Für mich ist es das nach wie vor nicht, das Zittern geht weiter. Eine allerletzte Partie, auf die sich die gesamte Meisterschaftsentscheidung zuspitzt. Dino hat Dame und 4 Bauern, Lois Dame, Läufer und 3 Bauern. Bitte jetzt kein Dauerschach, und der Läufer sieht auch etwas lahm aus. Doch Lois findet die richtigen Züge, Dino nicht immer den besten, und dann ist es soweit. Aus, Ende, vorbei. 0:1 und damit 2:4. Für Valentin. Großer, aber erst noch stiller Jubel bei uns.

Mindestens genau so groß die Enttäuschung bei den Hörschingern, so sicher schien der Meistertitel schon, so groß der Vorsprung. Und auch dieses Match hat ja richtig gut für sie begonnen. Umso bemerkenswerter, wie fair sie mit der Niederlage umgehen und uns zum Grande Finale inklusive Meistertitel gratulieren.

Wir nutzen die zwar erhoffte, aber letztlich doch sehr überraschende Gelegenheit, eine spontane erste Meisterfeier vom Stapel zu lassen. Hoffentlich folgen noch weitere. ;-))

Und wir dürfen für die Rückkehr in die zweite Bundesliga planen. Noch etwas Gutes hat dieser Ausgang der Landesliga für uns: Damit darf auch unsere zweite Mannschaft als Meister der Landesliga Ost nächste Saison in der 1. Landesliga spielen, hurra!

Fotos: Peter Kranzl

Bericht: Klaus Theuretzbacher