Am 15. Jänner war es wieder soweit: Die österreichische Schachlegende Georg Danner kam wieder nach St. Valentin, um einen seiner beliebten Trainingsabende abzuhalten. Dazu kamen - trotz der etwas winterlichen Straßenverhältnisse - auch diesmal zahlreiche Zuhörer aus Linz, Steyr, Ybbs, Hörsching, Böhlerwerk usw.
Ein Schwerpunkt an diesem Abend waren Endspiele, von denen das Publikum einige lehrreiche präsentiert bekam. Den Anfang bildete zu diesem Thema die letzte Phase einer Partie Ranits gegen Danner, die im Vorjahr im Burgenland gespielt wurde. Schwarz konnte den vollen Erfolg für sich verbuchen, weil er in Besitz des aktiveren Königs war und den Abtausch der letzten Leichtfigur beim Übergang in ein Doppelturmendspiel gut getimt hatte.
Der nächste Programmpunkt war eine sehr lehrreiche Partie, die Exweltmeisterin Zsuzsa Polgar, früher Ungarin und jetzt US-Staatsbürgerin, gegen ihre ehemaligen Landsfrau Ildiko Madl bei der Schacholympiade 2014 gespielt hatte. Schwarz war schon früh gezwungen, das Läuferpaar abzugeben, weil Weiß "Onkel Kortschnois" Springermanöver Sf3-h4 anwandte. In der Folge platzierte Schwarz seinen Springer auf h5, was vielleicht keine gute Idee war, denn dieser musste in der Folge die Rolle des Zuschauers einnehmen. Weiß verstärkte die Stellung sorgfältig, ohne den Funken an Gegenspiel zuzulassen und krönte die Partie mit einem lehrbuchreifen Einsatz seines Läuferpaares.
Dann begann so etwas wie "Trauerarbeit": War Georgs Laune beim Besuch in St. Valentin nach seinem Riesenerfolg in Dresden nicht zu überbieten, so hatte er jetzt einen großen Misserfolg beim Turnier in Kecskemet (Ungarn) zu verdauen. Der "Elo-Kummer" war groß, trotzdem zeigte er uns, dass selbst (oder vielleicht besonders) Niederlagen viel Lehrstoff für die Analyse bieten. Die Partie Danner gegen Srinath, die in diesem Zusammenhang beleuchtet wurde, war vom Stellungstyp ähnlich jener von Polgar gegen Madl. Georg konnte sich das Läuferpaar sichern, jedoch verlor er immer mehr den Faden, und sein erfindungsreicher Gegner konnte sich den Sieg sichern. Dazu gab es viele Merksätze aus der russischen Schachschule sowie Einschätzungen von ungarischen Großmeistern.
Noch drastischer verlief die Partie Danner gegen Munkhgal aus dem gleichen Turnier. Georg kannte den Stellungstyp resultierend aus der Tarrasch-Verteidigung des Damengambits sehr gut. Mit Hilfe eines typischen Springermanövers, das wiederum aus Kortschnois Ideenkiste stammte, eroberte er den isolierten Bauern auf d5 und stand sehr dominant. Jedoch agierte er in Quasi-Gewinnstellung planlos und ohne Selbstvertrauen, wie er erklärte. Eine schmerzliche, wenn auch lehrreiche Verlustpartie.
Nach der Pause gab Georg einige hochinteressante und alles andere als trockene Turmendspiele zum Besten. Das Publikum vergleicht von nun an passive Türme mit "Aschenbechern", Löcher in der Bauernkette werden als potenzielle "Wohnungen für Monarchen" betrachtet, und nicht nur Bauern, sondern auch Könige können "zweigleisig" übers Brett sausen.
Die Partie von Großmeister Zoltan Varga gegen Georgs Sizilianer war die letzte vollständige Partie, die einer näheren Betrachtung unterzogen wurde. Varga wählte eine sehr seltene Nebenvariante, in der das Spiel recht ruhig verläuft. Nach einer kleinen Nachlässigkeit konnte sich Varga einen riesenhaften Springer sichern, der Georgs Läufer klar überlegen war. Der taktische Kurzschluss resultierend aus der positionellen Überlegenheit war eine Augenweide. Georg merkte nicht ohne Ironie an, dass Vargas Leiberl trocken blieb, hatte dieser doch null Stress. Nach einigen weiteren Anekdoten ging der Abend entspannt zu Ende.
Das Partienmaterial des Abends wird auch diesmal an die Teilnehmer gesendet, damit sie zu Hause die Partien noch einmal durchspielen können. Wir freuen uns schon auf den nächsten Trainingsabend mit Georg, der am 19. Februar um 19 Uhr stattfinden wird.
Bericht: Joachim
Fotos: Andreas