Schachtraining mit Georg Danner

Am 3. März war wieder soweit: Österreichs lebende Schachlegende Georg Danner kam mit einem Stapel an Lehrbeispielen und Neuigkeiten aus der österreichischen Schachszene angereist, um einen seiner beliebten Schachtrainingsabende abzuhalten. Dazu gesellten sich rund 20 Schachfreunde aus Linz, Steyr und der Umgebung von St. Valentin, um den Ausführungen des Meisters zu lauschen.

Eine Kombi zum Aufwärmen: "Is' ned schwer, man muss nur a bissl hinschauen."
Eine Kombi zum Aufwärmen: "Is' ned schwer, man muss nur a bissl hinschauen."

Am Beginn des Trainingsabend standen zwei hübsche Kombinationen zum "Aufwärmen". Die erste war eine Studie mit reduziertem Material, die einen verblüffenden Gewinn durch einen weit nach vorne gelaufenden Bauern ermöglichte. Die zweite Aufgabe enthielt einen ziemlich komplizierten Mattangriff, der durch ein Figurenopfer eingeleitet wurde. Die auf diese Weise zerstörte Rochadestellung wurde schließlich von den Schwerfiguren im Sturm erobert.

 

Weiter ging es mit einem Bauernendspiel mit jeweils zwei Bauern. Weiß war im Besitz zweier verbundener Bauern, Schwarz zweier zersplitterter auf der dritten Reihe. Weiß muss aber sehr vorsichtig zu Werke gehen, denn ein zu ehrgeiziger Gewinnversuch würde sich als Schuss, der nach hinten losgeht, entpuppen. Die zersplitterten Bauern könnten, wie Georg es ausdrückt, eine "Donald Trump-Mauer nach Mexiko" bilden und sich einer Umwandlung zu einer Dame erfreuen.

 

Eine unglaublich schöne Studie stand als nächstes am Programm. Scheinbar kämpft Weiß nur um Remis, kann aber mit "Zauberpulver" in Form eines "Schnittpunktzuges" nicht nur die Stellung ausgleichen, sondern sogar gewinnen. Zwei starke Freibauern bekommen erst nach einem Läufer- und einem Turmopfer die Lust aufs Laufen.

Wie ging das jetzt noch einmal mit diesem Matt?
Wie ging das jetzt noch einmal mit diesem Matt?

Dann präsentierte Georg uns die erste von mehreren Partien, dieses Mal ausschließlich aus österreichischen Turnieren. Die erste Partie spielte der junge Titov, der noch keine 2000 Punkte auf die Elowaage brachte, gegen den Fide-Meister Almeida Toledano in Schwarzach. Sie entwickelte sich zunächst ruhig aus der Slawischen Verteidigung des Damengambits, aber bald verschärfte sich die Angelegenheit gehörig. Aus dem taktischen Handgemenge entstand ein interessantes Turmendspiel mit Freibauern für jede Seite. Titov fand schließlich einen schönen Gewinn durch einen starken Freibauern, der selbst vom gegnerischen Mehrturm nicht mehr an der Umwandlung zur Dame gehindert werden konnte.

 

Eine knappe Woche vor unserem Trainingsabend ging das Grazer Schachopen zu Ende. Georg besuchte das Turnier als Kiebitz und Kommentator. Aus österreichischer Sicht war das Turnier eine eher traurige Angelegenheit, denn die österreichischen Spitzenspieler konnten geschlossen ihre gesteckten Ziele nicht erreichen. Vor allem Markus Ragger erwischte es schlimm, war er doch als Favorit gestartet und musste sich am Ende mit dem 22. Endrang begnügen. Seine Partie gegen den Schweden Akesson zeigte, dass er sein wahres Können nicht ausspielen konnte. Nach gutem Spiel aus der Eröffnung vermied er Vereinfachungen, die ihm einen kleinen dauerhaften Vorteil garantiert hätten. Wahrscheinlich rechnete er sich bei vollem Brett höhere Chancen aus, seinen Gegner zu überrumpeln. Akesson spielte ab diesem Moment aber unwiderstehlich und zerschlug mit einem bösartigen Turmopfer die Raggersche Königstellung mit entscheidenden Folgen.

Diese prächtige Studie alleine war das Eintrittsgeld wert
Diese prächtige Studie alleine war das Eintrittsgeld wert

Nach der Pause gab es drei Kombinationen zum Thema "doppeltes Läuferopfer am Königsflügel" zu lösen. Der Prototyp stammte vom ehemaligen Weltmeister Emanuel Lasker, und der Engländer Tony Miles dürfte gut damit vertraut gewesen sein. Wahrscheinlich auch mit Georgs "Geheimnis der siebten Reihe", denn er war der Urheber von zwei dieser drei vorgestellten in Turnierpartien gespielten Kombinationen.

 

Zur Abwechslung gab es darauf wieder ein lehrreiches Turmendspiel, diesmal aus dem Finale der Damen-Staatsmeisterschaft 2016 zwischen Schnegg und Newrkla. In diesem sehr engen Duell schlichen sich wahrscheinlich auch aufgrund der nervlichen Anspannung und der langen Spieldauer einige Fehler ein, die aber sehr lehrreich sind. Diese Fehler haben wir genauer unter die Lupe genommen und die Verbesserungen analysiert.

Gebannte Blicke, damit ja nichts übersehen wird!
Gebannte Blicke, damit ja nichts übersehen wird!

Die zweite gezeigte Partie aus dem Grazer Open wurde zwischen Manfred Freitag und Henderson de la Fuente gespielt. Leider verpasste Freitag schon früh die beste Fortsetzung, platzierte seinen weißfeldrigen Läufer zu passiv und verlor nach und nach den Boden unter den Füßen. Auch er erreichte sein ambitioniertes Ziel, eine GM-Norm zu erspielen, leider nicht.

 

Nach der zweiten Pause erzählte uns Georg einige Anekdoten von einer Reise nach New York, die er mit mehreren österreichischen Schachfreunden unternahm. Er besuchte dort den berühmten "Manhattan Chess Club", bei dem einst der berühmte Bobby Fischer aus- und einging. Außerdem schilderte er uns das lebhafte Schachtreiben im Central Park, wo zahlreiche Schachspieler miteinander um ein paar Dollar Blitzpartien spielen. Aus Amerika kam auch das Doppelturmendspiel zwischen Gulko und Benkö, bei dem Weiß einen etwas aktiveren Turm hatte. Dieses Endspiel wurde von beiden Seiten einfach großartig gespielt. Es mündete in ein Damenendspiel, in dem Weiß schließlich durch eine kräftige Damenzentralisierung seinen Freibauern schneller umwandeln konnte.

"Nackerte Könige" gab es auch zu sehen
"Nackerte Könige" gab es auch zu sehen

Aus dem Lienzer Open 2017 stammte die entscheidende Phase der Partie Diermair gegen Singer. Diermair hatte sich sehr schön klaren Vorteil erspielt und hatte auch klare Gewinnchancen. Aber auch österreichischen Spitzenspielern wie ihm passiert es zu fortschrittener Spieldauer, dass die Konzentration nachlässt und man "Gespenster sieht". Er konnte trotz Mehrfigur den Gewinn nicht sicherstellen und wird sich wohl sehr darüber geärgert haben.

 

Als finale Bestätigung für das unzufriedenstellende Abschneiden der Österreicher in Graz spielten wir noch die Partie von Niemi aus Finnland gegen Schreiner durch, bevor wir das unterhaltsame, spannende und sehr lehrreiche Training eine halbe Stunde vor Mitternacht beendeten.

 

 

Fotos: Franz Heimberger

Bericht: Joachim Dornauer