Die Jugendschach-Europameisterschaft wurde heuer in dem rumänischen Vorort Mamaia nahe Konstanza ausgetragen. Mit der Qualifikation durch die Staatsmeisterschaft war es auch Tony möglich an der EM teilzunehmen und nachdem wir alle Stolpersteine dafür (Schulfreistellung für Tony in der ersten Schulwoche, flexible Arbeitsregelung für mich als Begleitperson) aus dem Weg geräumt hatten, startete unsere Reise am Montag, dem 4. September am Flughafen in Wien. Die kurze Wartezeit am Terminal vertrieb Tony mit ein paar Runden Schach auf seinem Tablet und bereits nach einem kurzen Flug von 1 Stunde und 15 Minuten landeten wir in der rumänischen Hauptstadt Bukarest.
Leider dauerte es nach der Landung alles ein wenig länger. Hier hieß es ruhig bleiben und durchatmen. Nach etwa einer Stunde Warten am Förderband erblickten wir auch unsere Koffer. Ein vom Veranstalter organisierter Bus brachte uns ins Hotel, was aufgrund der Straßenbedingungen ganze 4 Stunden dauerte. Müde, aber glücklich, endlich angekommen zu sein, fielen wir um Mitternacht in unsere Hotelbetten. Jetzt erstmal ausschlafen, denn am nächsten Tag ist Spielbeginn - zum Glück erst am Nachmittag!
Gut ausgeruht und nach einem ordentlichen Frühstück gab es am ersten Vormittag einmal eine Besprechung mit der ganzen österreichischen Delegation. Das war auch die erste Möglichkeit, alle Österreicher einmal kennenzulernen.
Nachdem die roten Austria T-Shirts für alle Spieler verteilt und wichtige Details für das Turnier besprochen wurden, ging es an die Einteilung der Trainingsgruppen. Nachdem alles geklärt war, starteten alle hochmotiviert noch vor dem Essen mit einem kurzen Training, denn die erste Runde startete schon in wenigen Stunden. Damit gab es zumindest kurze Zeit für die Eltern und Begleitpersonen sich zu orientieren und umzusehen, die Umgebung rund um das Hotel Ramada mit dem Schwarzen Meer und 2 Seen gleich nebenan kann sich schon sehen lassen. Hier von der Hotelterrasse aus:
Nach dem Mittagessen gab es eine kurze Pause und dann begann, was im Verlaufe dieser beinahe 2 Wochen zur Routine wurde. Das Austria T-Shirt anziehen, den Spielerausweis umhängen (ohne diesen gab es keinen Eintritt zum Spielort), den St.Valentin Schach-Sweater einpacken (denn die Klimaanlage im Spielsaal war ordentlich aufgedreht und je nach "Platz" war der dann auch nötig) und auch Wasser sowie einen Schokoriegel. Das ganze war nötig, da wir immer mit einem organisierten Bus vom Hotel zum Spielort fahren mussten und nochmal schnell zurückgehen keine Option war. Gut vorbereitet stiegen wir also in den Bus, der eine Stunde und ein zweiter eine halbe Stunde vor Spielbeginn beim Hotel abfuhr. Damit gab es noch reichlich Zeit vor dem Spielsaal, um sich auch im Kopf für die Runde vorzubereiten. Vor Spielbeginn durften auch noch die Begleitpersonen mit hineinkommen, um Fotos zu machen und geistigen Beistand zu leisten.
Die erste Runde startete nach einer kurzen Ansprache, die man aber leider nur sehr schlecht verstehen konnte. Für Tony, zum Glück kein Hindernis, das Spiel motiviert zu beginnen. Wie auf dem Foto ersichtlich, waren die Schachfiguren etwas gewöhnungsbedürftig und verlangten am Anfang erhöhte Aufmerksamkeit.
Da die Eltern bei Spielbeginn den Saal natürlich verlassen mussten, begann dann die übliche Wartezeit. Da ich selber ohnehin noch Arbeit im Gepäck hatte, ging das wie im Flug. Mehrere Stunden vor der Spielhalle ausharren, ist ansonsten sicher auch nervenaufreibend.
Nach etwa 2 Stunden war die erste Runde vorbei und Tony kam zufrieden mit einem Remis heraus. Da noch etwas Zeit vor dem Abendessen war, entschlossen wir uns, nicht mit dem Bus zurückzufahren, sondern am Strand entlang den Heimweg anzutreten.
Da gab es dann auch reichlich an Muscheln und andere Strandbewohner für Tony zu entdecken und so dauerte der Rückweg dann doch 2 Stunden! Vor dem Abendessen blieb aber trotzdem noch Zeit, die erste Partie zu analysieren. Dieser Tagesablauf wiederholte sich dann für den Rest der Woche: Frühstück; Training; Mittagessen; Bustransfer; Schachpartie; zurück zum Hotel; Analyse; Abendessen. Allerdings haben wir auch öfters mal den Bus zum Hotel zurück in Anspruch genommen.
Die Abende gestalteten sich schon etwas unterschiedlicher. Für uns hieß es nach diesem ersten spannenden Tag zuerst ausruhen und schlafen (der Anreisetag machte sich doch bemerkbar). An den folgenden Abenden in der ersten Woche besuchten wir aber auch einen kleinen Jahrmarkt, der direkt vor dem Hotel aufgebaut war. Ab der zweiten Woche kannten sich alle Kinder im Hotel schon sehr gut und es wurde dann auch noch nach dem Abendessen auf der Hotelterrasse Schach gespielt. Was sonst?
Am Sonntag war spielfrei für alle. Eine Pause, die wir gerne in Anspruch nahmen. Vom EM-Veranstalter wurden auch einfache Stadtrundfahrten organisiert, aber Tony wünschte sich etwas Zeit am Strand zu verbringen und so begannen wir einen erholsamen Tag am Schwarzen Meer. Trotz des ständigen Windes war es noch warm genug, ins Wasser zu gehen oder einfach auch nur auf der Strandliege die Sonne zu genießen. Mit diesem schönen Ausklang schlossen wir die erste Woche ab, auch auf der spielerischen Seite für Tony nach 5 Runden mit 2 Remis und einem Sieg. Das spielerische Können, welches bereits in der Kategorie "Open8" vorherrscht, ist sehr bemerkenswert. Eine guter Grund, sich auch für die zweite Woche gut vorzubereiten.
Und so begann natürlich auch diese Woche am Vormittag mit Schachtraining, gefolgt von der nächsten Runde:
Vor allem in der zweiten Woche bemerkten wir, dass die österreichische Delegation immer mehr zusammenwuchs. Das tägliche Essen miteinander, die Gespräche dabei und natürlich für die Kinder das ständige Training miteinander, hat uns alle einander näher gebracht. Für Tony hat die Beschäftigung mit Schach von morgens bis abends mit Gleichgesinnten über 2 Wochen hinweg die Begeisterung für das Spiel noch weiter angefacht.
Am letzten Spieltag ziehen wir Bilanz mit fünf Remis, einem Sieg und drei Niederlagen. Auch wenn die Herausforderung sehr groß war und bleibt, möchte Tony bei der nächsten EM gerne wieder dabei sein.
Uns bleibt nur mehr, mit etwas Wehmut die Heimreise um die Mittagszeit des 15. September anzutreten, die sich genauso wie die Anreise als kleine Odyssee herausstellt, nur diesmal mit Freunden, die uns begleiten.
Am nächsten Abend, an dem wir endlich wieder zuhause in Enns sind, ist es für uns wieder ungewohnt ruhig. Tony bemerkt mit müdem Blick "Es war schon schön in Rumänien".
Bericht und Fotos: Thomas Pollak